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Smart Home

5 smarte Nachrüstlösungen für den Altbau ohne große Umbauten

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 12. Dezember 2025
Lesedauer: 7 Minuten
© elektriker.org / KI generiert mit Midjourney

Altbauten bringen zwar Charme und ein besonders Flair, aber sie stellen Bewohner auch vor Besonderheiten, sobald an der Elektrik etwas geändert werden will oder muss. Oft fehlen Leerrohre, Neutralleiter in Schalterdosen oder ausreichend Platz in Unterverteilungen. Dennoch lässt sich „smart“ viel erreichen, ohne Wände zu öffnen.

Die folgenden fünf Lösungen funktionieren weitgehend kabel- bzw. baustellenfrei und punkten dennoch in Sachen Sicherheit, Energieeffizienz und Komfort. Zu jeder Option erhalten Sie Hinweise zu Funkstandards, Kompatibilität (Matter/Zigbee/Z-Wave/Thread/WLAN), Installationsaufwand sowie Ratschläge, wo eine Unterstützung durch eine Elektrofachkraft sinnvoll ist.

Funk-Schalter & Unterputz-Relais für bestehende Lichtkreise

Was es löst: Smarte Lichtsteuerung, ohne Leuchten zu tauschen.

Wie es funktioniert: Aufputz/Funkschalter (batteriebetrieben) werden einfach aufgeklebt/verschraubt. Diese Methode ist ideal, wenn zusätzliche Schaltpunkte fehlen. Mikro-Relais/Dimmer im Schalter- oder Abzweigkasten schalten bestehende Lampen smart. Viele Module arbeiten auch ohne Neutralleiter (N-frei).

  • Altbau-Tauglichkeit: Schlanke Relais (≤ 20 mm) passen oft in tiefe Dosen; in flachen Dosen helfen Distanzrahmen.
  • Schnittstellen: Zigbee und Z-Wave sind stromsparend und meshfähig; WLAN-Relais sind schnell integriert, belasten aber das Heimnetz. Matter gewinnt an Bedeutung – prüfen Sie Firmware-Roadmaps.
  • Elektriker-Tätigkeiten: Arbeiten in 230-V-Dosen, Messung von Schutzleiter/Schleifenimpedanz, FI/RCD-Prüfung und Beurteilung von Leitungsschutz. All das gehört in Fachhände. Ein E-Check offenbart oft schlummernde Altbau-Risiken (z. B. klassische Nullung).

Smarte Jalousien & Rollläden mit Nachrüst-Antrieben

Was es löst: Automatisiertes Beschatten, Hitzeschutz im Sommer, Privatsphäre, Einbruchhemmung durch Anwesenheitssimulation.

Wie es funktioniert: Motorisierte Antriebe werden in Rollos integriert. Funkmodule (z. B. Zigbee/Thread/WLAN) binden die Antriebe in die Haussteuerung ein. Damit erhalten Sie einen intelligenten Sicht- und Sonnenschutz. Individuelle Steuerung („morgens hoch“, „abends runter“) und Wetter-/Sonnenstand-Automationen sind per App oder sprachgesteuert möglich.

  • Altbau-Tauglichkeit: Keine Unterputzarbeiten, oft werkzeugarm montierbar. Bei schon vorhandenen 230-V-Antrieben reicht oft ein nachrüstbarer Funkempfänger in der Abzweig- oder Schalterdose (Achtung: Elektrofachkraft für sachgemäße Installation notwendig!).
  • Schnittstellen: Achten Sie auf HomeKit-/Alexa-/Google-Kompatibilität. 
  • Elektriker-Tätigkeiten: Wenn 230-V-Motoren nachgerüstet, Leitungswege angepasst oder Festanschlüsse verdrahtet werden, ist die Elektrofachkraft Pflicht.

Smarte Heizkörper-Thermostate (Einzelraumregelung)

Was es löst: Effizienteres Heizen, komfortable Zeitprogramme und Fenster-auf-Erkennung.

Wie es funktioniert: Elektronische Thermostate ersetzen die vorhandenen Heizungsköpfe (Adapter meist beiliegend). Gesteuert per App, Szenen und Geofencing. Letzteres bedeutet, dass Sie Ihre eigenen Ereignisse und geographischen Zonen oder Grenzen definieren können, z. B. „Absenken, wenn niemand zu Hause“. Sie erhalten eine Benachrichtigung, sobald ein Event außerhalb der vordefinierten Bereiche passiert. 

  • Altbau-Tauglichkeit: Keine Eingriffe in die Elektroinstallation; Batteriebetrieb, Funk via Zigbee/Thread/Z-Wave oder proprietär mit Bridge.
  • Schnittstellen & Tipps: Zentral-Gateways erleichtern die Vernetzung mehrerer Räume. Für Altbauten mit träger Heizhydraulik sind lernfähige Regler mit adaptiver Vorlaufsteuerung sinnvoll.
  • Elektriker-Tätigkeiten: Elektrisch unkritisch. Dennoch lohnt sich eine gewerkeübergreifende Abstimmung (Hydrauliker/Elektriker), wenn Sie zusätzliche Fensterkontakte oder Raumfühler verdrahten möchten.

Smarte Steckdosen & Energiemonitoring ohne Zählerumbau

Was es löst: Transparenz über Verbräuche, automatisiertes Abschalten von Standby-Lasten, Basis-Automationen.

Wie es funktioniert: Zwischenstecker mit Leistungsmessung (WLAN/Zigbee/Matter) liefern Verbrauchsdaten und erlauben zeit-/ereignisgesteuertes Schalten. Klemmenlose Stromsensoren (Klapp-Stromwandler/„Non-Intrusive Load Monitoring“) werden ohne Auftrennen um einzelne Leiter gelegt und erfassen Lastprofile.

  • Altbau-Tauglichkeit: Keine Umbauten am Zählerschrank. Ideal, um „Energiefresser“ in Altbauküchen oder Werkstätten sichtbar zu machen.
  • Schnittstellen: Achten Sie auf lokales API oder Export (CSV/InfluxDB) für Langzeit-Analysen, wenn Sie tiefer einsteigen möchten.
  • Elektriker-Tätigkeiten: Bei allem, was über den Zwischenstecker hinausgeht (z. B. feste Unterverteilungssensorik, Phasenidentifikation, Platzreserven im Zählerschrank), sollte eine Elektrofachkraft prüfen, ob Normen (z. B. Absicherung, Berührungsschutz) eingehalten werden.

Funk-Sicherheits-Basics: Rauch-/CO-Melder, Wassersensoren & Türgong

Was es löst: Früherkennung von Gefahrensituationen, ohne Leitungen zu ziehen.

Wie es funktioniert: Vernetzte Melder kommunizieren per Funk (Zigbee/Z-Wave/Proprietär). Ein Alarm in einem Raum löst alle Melder aus; optional pushen Gateways Benachrichtigungen aufs Smartphone. Wassersensoren melden Leckagen (Küche, Waschkeller), smarte Türgongs/Kameras ergänzen die Zutrittskontrolle.

  • Altbau-Tauglichkeit: Batteriebetrieb, Klebemontage möglich; ideal bei bröseligen Putzoberflächen.
  • Schnittstellen: Prüfen Sie Normkonformität (DIN-Kennzeichnungen), Funk-Reichweite in massiven Mauerwerken und Notfallbetrieb ohne Internet.
  • Elektriker-Tätigkeiten: Bei Anbindung an 230-V-Netze, zentralen Notstromversorgungen oder Hausalarmanlagen (ÜE/Zutrittskontrolle) ist eine Fachplanung ratsam.

Geräteeinbindung: Funkstandards und Gateway-Strategie

  • Matter vereinfacht die herstellerübergreifende Steuerung; es läuft über IP (WLAN/Ethernet/Thread). Für batteriebetriebene Geräte ist Thread attraktiv.
  • Zigbee ist im Smart-Home-Altbau bewährt (gutes Mesh, viele Nachrüst-Relais).
  • Z-Wave punktet mit Interoperabilität und geringer Funklast; ideal für zuverlässige Schaltmodule.
  • WLAN eignet sich für wenige, bandbreitenarme Geräte. Bei vielen Aktoren drohen jedoch Netzlast- und Reichweitenprobleme.

Praxis-Tipp: Planen Sie ein zentrales Gateway (oder zwei komplementäre, z. B. Thread-Border-Router + Zigbee-Hub). Platzieren Sie es hoch und möglichst mittig im Grundriss. Funk-Repeater/Netz-Aktoren schaffen ein tragfähiges Mesh.

Altbau-Checkliste vor dem Start der Umrüstung

  1. Sichtung der Elektroinstallation: Gibt es FI/RCD? Sind Altbau-Elektro-„Sünden“ wie die „klassische Nullung“ oder gemischte Leiterfarben vorhanden?
  2. Dosen & Platzverhältnisse: Tiefe Unterputzdosen (≥ 60 mm) erleichtern die Aufnahme von Relais.
  3. Neutralleiter vorhanden? Für viele Dimmer/Relais notwendig – sonst gezielt N-freie Aktoren wählen.
  4. Funk-Topologie: Massive Ziegelwände, Stahlbetondecken und Altbau-Grundrisse erfordern zusätzliche Repeater (z. B. dauerhaft versorgte Zigbee-Aktoren).
  5. Datenschutz & Offline-Betrieb: Prüfen Sie lokale Steuerbarkeit (ohne Cloud), Updates und Exportmöglichkeiten für Messdaten.
  6. Energieeffizienz: Automationen mit Bezug zu Wetter und Präsenz (Beschattung, Absenkung, Standby-Abschaltung) bringen energietechnisch die größten Effekte.

Wann die Elektrofachkraft ran muss 

  • Arbeiten an 230 V, an der Unterverteilung, in Feuchträumen oder bei Motor-Nachrüstungen gehören in Fachhände.
  • Ein E-Check deckt typische Altbau-Schwachstellen auf und erhöht die Betriebssicherheit.
  • Konfiguration & Abnahme: Auch bei funkbasierten Lösungen lohnt eine fachliche Endprüfung (Schutzmaßnahmen, EMV, Störungsfreiheit), insbesondere wenn gemischte Systeme (Zigbee + WLAN + Thread) eingesetzt werden.

Mit den genannten fünf Optionen erhalten Sie ein belastbares, skalierbares Smart-Home-Grundgerüst für Ihren Altbau – ohne Schlitzen, Staub und Großumbau, aber mit messbarem Zugewinn an Komfort, Sicherheit und Effizienz.



Fazit

Altbauten müssen kein Hindernis für ein modernes, vernetztes Zuhause sein. Mit den richtigen Funkstandards, kompakten Nachrüstlösungen und einem klaren Blick auf Sicherheits- sowie Installationsanforderungen lässt sich ein umfassendes Smart-Home-Konzept auch ohne bauliche Eingriffe realisieren.

Die fünf vorgestellten Lösungswege bilden ein flexibles Fundament, das sich jederzeit erweitern lässt. Wer zentrale Gateways sinnvoll platziert, Funknetze sauber plant und bei 230-V-Arbeiten eine Elektrofachkraft einbindet, kann den Altbau sicher, komfortabel und energieeffizient in die Gegenwart holen.

FAQ zum Thema Smart Home im Altbau

Kann ich meinen Altbau vollständig smart machen, ohne Wände zu öffnen?

Ja. Mit Funk-Schaltern, Unterputz-Relais in bestehenden Dosen, batteriebetriebenen Sensoren, Zwischensteckern und Funkmotoren für Rollläden lässt sich ein Großteil der Smart-Home-Funktionen ohne Schlitzen oder Neuverkabelung umsetzen.

Welche Funkstandards eignen sich am besten für Altbauten?

Zigbee und Z-Wave sind aufgrund ihrer Mesh-Fähigkeit sehr gut geeignet. Thread (für Matter) ist ideal für neue, batteriebetriebene Geräte. WLAN ist möglich, kann aber bei vielen Geräten das Netz belasten.

Brauche ich für jedes System ein eigenes Gateway?

Oft reicht ein zentrales Gateway oder zwei komplementäre Hubs (z. B. Thread-Border-Router plus Zigbee-Hub). Das verbessert die Reichweite und reduziert Störungen, besonders in Gebäuden mit dicken Wänden.

Wann muss eine Elektrofachkraft ran?

Sobald 230-V-Leitungen, Unterverteilungen, Rollladenmotoren oder feste Anschlüsse betroffen sind. Auch eine abschließende Sicherheitsprüfung (E-Check) ist empfehlenswert, um Altbau-Risiken auszuschließen.

Funktionieren smarte Thermostate in jedem Altbau?

In der Regel ja. Sie werden einfach auf das vorhandene Heizkörperventil geschraubt. Bei komplexen Hydrauliken oder wenn zusätzliche Sensoren verkabelt werden sollen, lohnt sich eine Fachberatung.

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.