Mehr als eine Million Blitze entladen sich im Durchschnitt allein über der Bundesrepublik. Wenn es am Himmel kracht und donnert, sind vor allem größere bauliche Anlagen und exponierte Gebäude durch Einschläge gefährdet. Im Zweifelsfall hilft nur ein wirksamer Blitzschutz, Sach- und Personenschäden zu vermeiden.
Den klassischen Blitzableiter kennt so ziemlich jeder. Doch ein wirksamer Blitzschutz beinhaltet weitaus mehr, als einfach Abfangleitungen, die den Blitzstrom auffangen und ums Haus herum führen. Wer sich eingehend mit dem Thema befasst, stößt schnell auf komplexe Ausführungen zu noch komplexeren Systemen sowie einer ganzen Reihe an Vorschriften. Vor allem für den Laien entstehen dabei zahlreiche Fragen. Allen voran: Ist ein Blitzableiter Pflicht, und wenn ja, welche Anlagen benötige ich darüber hinaus noch, um mein Haus effektiv vor Schäden durch Blitzeinschlag zu schützen? Elektriker.org hat für Sie recherchiert und gibt Ihnen im Folgenden einen hilfreichen Überblick zu den wichtigsten Fakten.
Einführung: Was bedeutet Blitzschutz und warum ist er wichtig?
Unter dem Begriff Blitzschutz werden allgemein sämtliche Maßnahmen verstanden, die zur Abwehr von potenziellen Schäden an baulichen Anlagen ergriffen werden, die direkt oder indirekt durch den Einschlag eines Blitzes hervorgerufen werden. Wo ein besonderes Gefährdungspotenzial besteht, ist ein effektiver Blitzschutz von großer Bedeutung. Blitzeinschläge können nicht nur Schäden an den elektrischen und elektronischen Anlagen in einem Gebäude verursachen, sondern sogar ganze Teile des betreffenden Objekts zerstören. Dies passiert mitunter dann, wenn in den Baustoffen eingeschlossene Flüssigkeiten wie Wasser, Harz oder ätherische Öle explosionsartig verdampfen und so Brände entstehen. Ihre Heimelektronik hingegen ist sogar bereits dann gefährdet, wenn ein Blitz auch nur in unmittelbarer Nähe Ihres Hauses einschlägt. Noch in bis zu 200 km Entfernung können so schädliche Überspannungen in das Leitungsnetz Ihres Heims induziert werden, welche die elektrischen Geräte in Ihrem Haushalt nachhaltig beeinträchtigen. Wie eingangs bereits erwähnt, besteht ein wirksamer Blitzschutz daher nicht nur darin, Auf- und Abfangleitungen am Haus zu montieren, sondern aus einem mehrstufigen System, das sich grob gegliedert in äußere und innere Maßnahmen unterteilen lässt.
Aufbau einer Blitzschutz-Anlage
Wie bereits ausgeführt, minimieren Anlagen für den Blitzschutz das Risiko von Schäden durch Blitzeinschläge. Dies tun sie in erster Linie, indem sie dem bei Einschlag freigesetzten Blitzstrom einen vordefinierten, niederohmigen Strompfad bieten, auf dem sie um das zu schützende Objekt herum ins Erdreich geführt wird. Darüber hinaus entstehen bei Blitzeinschlag aber auch kritische Überspannungen, die über metallische Verbindungen in das Strom- und Leitungsnetz eines Hauses eindringen können. Neben den im Außenbereich angebrachten Anlagen beinhaltet eine effektive Blitzschutzanlage daher auch verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Überspannungen.
Außerer Blitzschutz
Der äußere Blitzschutz besteht aus einer Fangeinrichtung, einer Ableitungs- und einer Erdungsanlage. In der Fangeinrichtung wird, wie der Name schon sagt, der Blitz zunächst ein- bzw. aufgefangen. In der Regel handelt es sich hierbei um Stangen, Drähte, Seile oder andere Metallteile, die konstruktionsbedingt die an exponierter Stelle die äußere Kontur des Hauses überragen. Hinsichtlich des Materials ist wichtig, dass es sowohl witterungsbeständig als vor allem auch leitfähig ist. Meist wird hier Kupfer, Niro oder verzinkter Stahl verwendet. Darüber hinaus muss natürlich gewährleistet werden, dass der Leitungsdurchschnitt so gewählt wird, dass sie dem potenziellen Energieeintrag standhalten kann und bei Einschlag nicht schmilzt oder dergleichen.
Die Fangeinrichtung ist auf kurzem Weg mit der Ableitungsanlage verbunden. Diese stellt wiederum die Verbindung zur Erdungsanlage dar. Meist handelt es sich hier um senkrechte Leitungen, die im Idealfall eine Art faradayschen Käfig um das Gebäude bilden. Die Anzahl der Leitungen und die erforderlichen Abstände zwischen ihnen sind von der jeweils benötigten Schutzklasse abhängig, der die Blitzschutzanlage im Einzelfall entsprechen soll.
Die Erdungsanlage bildet den Abschluss des äußeren Blitzschutzes. Sie sorgt dafür, dass der aufgefangene Blitzstrom in den Erdboden weitergeleitet wird. Kernstück, wenn vorhanden, ist in der Regel ein sogenannter Fundamenterder. Dieser besteht aus den Verbindungen aller leitfähigen Gehäuse der elektrischen Betriebsmittel eines Hauses mit einem geerdeten Schutzleiter. Er ist als geschlossener Ring in den Umfassungsfundamenten eines Hauses angeordnet. In älteren Gebäuden fehlt der Fundamenterder jedoch häufig. Nicht immer besteht dabei die Möglichkeit, einen klassischen Fundamenterder nachzurüsten. Alternativ stehen dem Fachmann jedoch eine Reihe von Alternativen wie die Montage sogenannter Oberflächenerder zur Verfügung. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier.
Innerer Blitzschutz
Neben direkten Schäden bei Einschlag sind Blitze vor allem aufgrund des starken elektromagnetischen Feldes gefährlich, welches sie erzeugen. Über Rohre und elektrische Leitungen dringt der Blitz so in das innere von Gebäuden ein und kann dort zum Teil verheerende Schäden anrichten. Um die elektrischen und elektronischen Anlagen in Ihrem Haushalt vor potenziellen Überspannungsschäden zu schützen, ist neben dem äußeren daher auch der innere Blitzschutz wesentlicher Bestandteil wirksamer Blitzschutzanlagen.
Hauptaufgabe des inneren Blitzschutzes ist der Potentialausgleich. In der Grundform handelt es sich dabei um ein einfaches Prinzip zur Vermeidung elektrischen Schlägen, Funkenbildung und der Entstehung von gefährlichen Induktionsspulen durch in unmittelbarer Nähe zueinander befindliche Leitungen, die nicht miteinander verbunden sind. Sämtliche leitfähigen Objekte eines Hauses werden zu diesem Zweck miteinander verbunden. Zusätzlich werden Erdungs- und Schutzleiter in den Komplex eingebunden. Der Potenzialausgleich muss unabhängig von einer eventuellen Blitzschutzanlage im Hausanschlussraum jedes Haushalts durchgeführt werden. Verfügt das Gebäude jedoch über ein extra ausgeführtes Sicherungssystem, muss dieses mit einem speziellen Blitzschutz Potentialausgleich versehen werden.
Zusätzlich werden im Rahmen des inneren Blitzschutzes sogenannte Überspannungsschutzgeräte an zentralen Stellen des Leitungsnetzes integriert. Nach EN 61643-11 in drei Kategorien – Grob-, Mittel- und Fein- bzw. Geräteschutz – eingeteilt reduzieren diese die Stärke der induzierten Spannung stufenweise auf das letztlich für die angeschlossenen Endgeräte verträgliche Maß.
Ist Blitzschutz Pflicht?
Das Thema Blitzschutz ist in Europa durch die EN 62305 (erfahren Sie mehr auf dieser Seite) klar definiert und genormt. Die umfassende Regulierung von Blitzschutzmaßnahmen ist in vier Teile gegliedert, die von allgemeinen Grundsätzen über die Bereiche Risikomanagement und Schutz von baulichen Anlagen und Personen bis hin zum Thema Elektrische und elektronische Systeme in baulichen Anlagen bis ins kleinste Detail beschreiben, welche und wie Maßnahmen im Rahmen des Blitzschutzes getroffen werden können. Als Sicherheitsfestlegungen zur Abwehr von Gefahren für Menschen, Tiere und Sachen ist die Norm zuletzt in das Vorschriftenwerk VDE 0185-305 aufgenommen worden.
Eine generelle Pflicht für die Installation von Blitzschutzanlagen gibt es jedoch nicht. Ob die Errichtung einer solchen Anlage erforderlich ist, hängt rechtlich betrachtet davon ab, ob die Bauordnung des jeweiligen Landes dies vorschreibt, die Installation in der Baugenehmigung zum betreffenden Objekt festgeschrieben ist oder der Bauherr den klaren Wunsch hegt, sich, seine Mitmenschen und sein Eigentum gegen Blitz- und Überspannungsschäden zu schützen.
Üblicherweise werden Blitzschutzanlagen bei Gebäuden erforderlich, die Ihre Umgebung deutlich überragen (bspw. auf Bergen, bei Hochhäusern oder Türmen), die eine weiche Holz- oder Reeteindeckung besitzen oder bei denen leicht entflammbare Materialien im Dachbereich verbaut sind. In der Regel besteht nahezu immer eine Blitzschutzpflicht bei industriellen oder öffentlichen Gebäuden, bei denen aufgrund eines hohen Gefahrenpotenzials (bspw. Lagerung explosionsfähiger Stoffe o.ä.) besonders hohe Anforderungen an den Kollektivschutz gestellt werden.
In vielen Fällen ist Blitzschutz darüber hinaus auch dort wichtig, wo keine spezifischen Vorschriften die Errichtung einer entsprechenden Anlage vorsehen. Dies gilt zum Beispiel für private Objekte, die aufgrund Ihrer Lage oder ähnlichen Gründen besonders gefährdet sind, durch Blitzeinschläge beschädigt zu werden. Gründe, sich über dieses Thema Gedanken zu machen, können auch konstruktionsbedingt sein. So etwa bei über das Haus hinaus ragenden Antennen an exponierter Stelle. Auch Besitzer einer Photovoltaikanlage sollten Ihr individuelles Gefährdungspotenzial von einem Fachmann prüfen lassen. Zwar bieten diese keine direkte Angriffsplattform für Blitze, stellen aber eine auf dem Dach gelegene Verbindung zum Strom- und Leitungsnetz des Hauses dar. Experten empfehlen, ab Systemen mit einer Leistung von 10 Kilowatt oder mehr, persönliche Optionen für den Blitzschutz der Photovoltaik-Anlage abzuwägen.
Fachmännische Beratung durch Blitzschutz-Experten
Das Thema Blitzschutz bildet aufgrund seiner Komplexität einen eigenen Fachbereich für sich. Es gibt sowohl Fachbetriebe, die sich eigens und allein auf die Planung, Montage und Wartung entsprechender Anlagen spezialisiert haben, als auch Elektroinstallateure, die sich speziell für diesen Bereich spezialisiert haben. Im Verband Deutscher Blitzschutzfirmen (VDB) haben sich diverse Hersteller und Fachinstallationsbetriebe zusammengeschlossen. Die Organisation versteht sich als Interessenvertretung der Branche. Gleichzeitig werden dort zentrale Richtlinien für den Blitzschutz erarbeitet sowie in der Praxis später durchgesetzt und angewandt (die offizielle Internetseite des Verbandes finden Sie hier).
Wer sich vor der Aufgabe sieht, sein Haus durch eine Blitzschutzanlage optimal vor potenziellen Schäden zu schützen, sollte sich hierfür an einen ausgewiesenen Fachbetrieb aus dem Bereich Elektroinstallation richten. Die Experten helfen Ihnen, die für Sie infrage kommenden Optionen genau unter die Lupe zu nehmen und so letztlich zum optimalen Ergebnis zu kommen. In einem ersten Schritt prüft der Profi dabei zunächst das individuelle Gefahrenpotenzial in Ihrem Fall. Auf diese Weise wird genau klar, ob und wenn ja, welche Maßnahmen in welchem Umfang zu ergreifen sind. Auch bieten Ihnen professionelle Installationsbetriebe höchstmögliche Transparenz hinsichtlich der für den Blitzschutz anfallenden Kosten. Wenn Sie sich weiterführend zur Planung einer Blitzschutzanlage informieren möchten, dann lesen Sie hier weiter.